Unreife Eltern – und wie sie ihren Kindern schaden

„Man kann in der Wahl seiner Eltern nicht vorsichtig genug sein“, sagte einmal der berühmte Psychologe Paul Watzlawick. Wenn das nur möglich wäre, oder? Leider hat kein Kind diese Wahl und ist seinen Bezugspersonen, vor allem in den ersten fünf Lebensjahren, völlig ausgeliefert.

Bevor wir eintauchen, sei klargestellt: Der Begriff „unreife Eltern“ hat nichts mit dem Alter zu tun. Die meisten Eltern geben wahrscheinlich ihr Bestes, doch gut gemeint ist nicht immer gut gemacht.

Natürlich ist das Thema im Grunde viel zu komplex, um es in einem kurzen Blogbeitrag abzuhandeln. Hör gerne ergänzend die dazu passenden Podcastfolgen: „Wie unreife Eltern ihren Kindern schaden“ und „Ausreichende Eltern sind die besseren Eltern“.

Unreife Eltern – Wer sind sie?

Unreife Eltern zeigen oft nicht die notwendige Reife oder das Bewusstsein, das für die Elternrolle wichtig wären. Das Resultat? Sie können das emotionale, kognitive und soziale Wachstum ihrer Kinder beeinträchtigen. Ihre eigenen Lebenserfahrungen, traumatischen Ereignisse oder psychischen Erkrankungen können hier eine Rolle spielen. Wenn ich über „unreife“ Eltern spreche , meine ich damit nicht die „Normalbemühten“, die manchmal genervt oder unwirsch reagieren oder ihre Kinder anmotzen. Wir sind alle Menschen, und keine Pädagogik- Automaten! Ich meine diejenigen, die ihre Kinder anhaltend einem schädigenden Umfeld aussetzen – manchmal sogar in bester Absicht, und ohne es zu merken.

Kinderseelen sind wie Kochkäse

Lass uns mal annehmen, die Psyche von Kindern wäre weich und formbar, ähnlich wie Kochkäse, der mit der Zeit härter wird. Wenn MAL ein Abdruck oder eine Rille entsteht, gleicht der kleine Käse das locker wieder aus. Wenn er aber dauerhaft in eine Form gepresst oder immer wieder an der gleichen Stelle gekerbt wird, dann hinterlässt das tiefe Spuren. Schäden in der „Aushärtungsphase“ können zu Stressnarben führen, die ein Leben lang empfindlich bleiben. 

Merkmale unreifer Eltern:

  • Emotionale Instabilität: Sie haben Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu regulieren, was zu einer instabilen Umgebung für das Kind führen kann.
  • Stark egozentrisches Verhalten: Sie stellen oft ihre eigenen Bedürfnisse über die ihrer Kinder, was zu Vernachlässigung und geringem Selbstwertgefühl beim Kind führen kann.
  • Extreme oder fehlende Grenzsetzung: Zu strenge oder zu lasche Erziehung kann zu vielen Problemen führen, darunter Angst, geringes Selbstwertgefühl und soziale Schwierigkeiten.
  • Rollenumkehr: Manchmal nehmen Kinder die Rolle des Versorgers, Trösters oder Retters ein, wodurch sie später in ihren Beziehungen überfordert sein können.
  • Unrealistische Erwartungen: Ein übermäßiger Fokus auf Leistung kann das emotionale Wohlbefinden eines Kindes beeinträchtigen und zu Stress oder einem leistungsabhängigen Selbstwertgefühl führen.

Was können wir daraus lernen?

Unterm Strich: Unreife Eltern sind Eltern, die häufig nicht sehr reflektiert sind. Sie können ihr eigenes Denken, Fühlen und Verhalten weder gut identifizieren, noch gut managen, und die Kommunikation darüber fällt ihnen ebenfalls schwer. Insofern sind sie auch keine günstigen Modelle für die nächste Generation.

Und diese Generation prägt wiederum die nächste und so weiter, deshalb ist es gar nicht übertrieben zu sagen, dass unser Einfluß, und wie achtsam und reif wir unser Familienleben gestalten, auf Generationen hinaus Effekte haben kann.

Du kannst auch die Person sein, die ungute familiäre Muster und dysfunktionale Traditionen durchbricht.

Und es ist ganz egal, ob du dich jetzt stärker mit der Elternrolle identifizierst oder mit der Kinderrolle oder beides in dir trägst, ich habe noch einen schönen Spruch zum Abschluss: 

Der Psychoanalytiker Erich Fromm hat eine sehr gute Antwort auf die Frage, wie man zu einer reifen Persönlichkeit wird: „Wenn ich vom vollgeborenen Menschen spreche, dann spreche (…) von jenem Menschen, der sich gelöst hat von der Mutter, vom Vater, von der Herde – von jenem Menschen, der gleichsam seine eigene Mutter, sein eigener Vater und sein eigenes Gesetz geworden ist.“

Die eigene beste Bezugsperson für sich selber werden – und dadurch eine reife Persönlichkeit: Das ist doch mal eine Aussicht!

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